Gewerkschaften haben keinen Anspruch auf betriebliche E-Mail-Adressen

Ein Sportartikelhersteller muss der zuständigen Gewerkschaft keinen digitalen Zugang zu seinen betrieblichen Kommunikationssystemen gewähren. Die Gewerkschaft kann ihre verfassungsrechtlich geschützten Rechte auch durch direkten Kontakt zu den Beschäftigten wahrnehmen, urteilte das Bundesarbeitsgericht.

Ein internationaler Sportartikelhersteller mit rund 5.400 Mitarbeitern wurde von der zuständigen Gewerkschaft verklagt. Im Unternehmen läuft ein Großteil der Kommunikation digital ab – sei es über E-Mail, die Microsoft-Anwendung Viva Engage oder das konzerneigene Intranet. Die meisten Beschäftigten verfügen über eine personalisierte E-Mail-Adresse unter der Firmen-Domain.

Die Gewerkschaft strebte einen umfassenden Zugang zu den digitalen Kommunikationssystemen des Unternehmens an. In ihren konkreten Forderungen verlangte sie die Herausgabe sämtlicher betrieblicher E-Mail-Adressen sowie die Berechtigung, den Beschäftigten bis zu 104 E-Mails pro Jahr zusenden zu dürfen. Darüber hinaus forderte die Gewerkschaft einen Zugang zum Viva-Engage-Netzwerk mit dem Status eines „internal user“ und die Einrichtung eines Links zur Gewerkschafts-Webseite direkt auf der Intranet-Startseite.

Das sagt das Recht

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Urteile der Vorinstanzen und wies die Klage vollständig ab. Zwar garantiert Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes Gewerkschaften grundsätzlich das Recht, betriebliche E-Mail-Adressen für Werbe- und Informationszwecke zu nutzen. Jedoch müssen dabei auch die Grundrechte des Arbeitgebers (Artikel 14 und 12) sowie der Arbeitnehmer (Artikel 2 und 1) berücksichtigt werden.

Die Begründung des Gerichts

Die Richter betonten, dass die geforderte pauschale Übermittlung der E-Mail-Adressen keinen angemessenen Ausgleich der verschiedenen Verfassungswerte ermögliche. Die Belastungen für das Unternehmen würden dessen wirtschaftliche Betätigungsfreiheit erheblich einschränken. Stattdessen könne die Gewerkschaft die Mitarbeiter direkt vor Ort nach ihren E-Mail-Adressen fragen – dies stelle den schonendsten Ausgleich für alle Beteiligten dar.

Das Gericht stellte klar, dass der Gewerkschaft weiterhin Möglichkeiten zur Mitgliederwerbung offenstehen. Der direkte Kontakt zu den Beschäftigten im Betrieb und die persönliche Anfrage nach E-Mail-Adressen seien der beste Weg, um die Interessen aller Beteiligten zu wahren. Eine Zwangsverlinkung im Intranet oder ein erzwungener Zugang zu internen Kommunikationssystemen wie Viva Engage wurde dagegen abgelehnt.

BAG, Urteil vom 28. Januar 2025 – 1 AZR 33/24

Quelle: https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/digitales-zugangsrecht-einer-gewerkschaft-zum-betrieb/

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