In der Debatte um die Einführung eines Karenztags bei Krankschreibungen bezieht Bundesarbeitsminister Hubertus Heil deutlich Position. Der SPD-Politiker weist Vorschläge zur Streichung der Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag entschieden zurück und verteidigt das bestehende System.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat sich unmissverständlich gegen die Einführung eines Karenztags ausgesprochen. „Wer krank gemeldete Beschäftigte unter den Generalverdacht des Blaumachens stellt, hat ein verzerrtes Bild von den arbeitenden Menschen in diesem Land“, erklärte der SPD-Politiker gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er betonte: „Die Deutschen sind keine Drückeberger und Faulenzer.“
Schutz für Geringverdiener im Fokus
Besonders die sozialen Folgen einer solchen Regelung sieht der Minister kritisch. Eine Streichung der Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag würde vor allem Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit niedrigen Einkommen treffen. „Es würde die Menschen hart treffen, die tatsächlich krank sind und die einen geringen Lohn haben, vor allem Frauen. Deshalb ist das der falsche Weg“, so Heil.
Gleichzeitig räumte der Minister ein, dass es durchaus Handlungsmöglichkeiten gegen tatsächliche Missbrauchsfälle gebe. „Ein Arbeitgeber, der den Verdacht hat, dass jemand blau macht, kann auch ab dem ersten Tag das Vorlegen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen“, erläuterte Heil. Zudem müssten Beschäftigte, die beim Blaumachen erwischt werden, mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Hintergrund der Debatte
Die Diskussion wurde durch einen Vorstoß von Allianz-Chef Oliver Bäte ausgelöst, der die Einführung eines Karenztags nach dem Vorbild anderer europäischer Länder forderte. Bäte verwies auf potenzielle Einsparungen von bis zu 40 Milliarden Euro jährlich und einen überdurchschnittlich hohen Krankenstand in Deutschland. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren Arbeitnehmer 2023 durchschnittlich 15,1 Tage krankgeschrieben.
Gewerkschaften warnen vor „Präsentismus“
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt vor den Folgen einer solchen Regelung. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel verwies auf die bereits jetzt problematische Tendenz zum „Präsentismus“ – dem Arbeiten trotz Krankheit. Dies könne nicht nur die eigene Gesundheit gefährden, sondern auch zur Ansteckung von Kollegen führen.