Ein soziales Online-Netzwerk wie Facebook darf nicht sämtliche personenbezogenen Daten, die es für Zwecke der zielgerichteten Werbung erhalten hat, zeitlich unbegrenzt und ohne Unterscheidung nach ihrer Art verwenden.
Ein österreichischer Staatsbürger wandte sich vor den österreichischen Gerichten gegen die seiner Ansicht nach rechtswidrige Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch Meta Platforms Ireland im Rahmen des sozialen Online-Netzwerks Facebook. Dabei geht es u. a. um Daten zu seiner sexuellen Orientierung.
Meta Platforms erhebt personenbezogene Daten der Nutzer von Facebook, darunter des Betroffenen, über deren Tätigkeiten innerhalb und außerhalb dieses sozialen Netzwerks. Dazu gehören u. a. Daten über den Abruf der Online-Plattform sowie von Websites und Anwendungen Dritter. Zu diesem Zweck verwendet Meta Platforms auf den betreffenden Websites eingebaute „Cookies“, „Social Plugins“ und „Pixel“.
Meta Platforms kann anhand der ihr zur Verfügung stehenden Daten auch das Interesse des Klägers an sensiblen Themen wie sexuelle Orientierung erkennen, was es ihr ermöglicht, hierzu zielgerichtete Werbung an ihn zu richten. Somit stellt sich die Frage, ob der Betroffene ihn betreffende sensible personenbezogene Daten dadurch offensichtlich öffentlich gemacht hat, dass er bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion die Tatsache, dass er homosexuell sei, mitgeteilt und somit die Verarbeitung dieser Daten gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) genehmigt hat.
In diesem Kontext hat der österreichische Oberste Gerichtshof den Gerichtshof um Auslegung der DSGVO ersucht.
Erstens antwortet der Gerichtshof, dass der in der DSGVO festgelegte Grundsatz der „Datenminimierung“ dem entgegensteht, dass sämtliche personenbezogenen Daten, die ein Verantwortlicher wie der Betreiber einer Online-Plattform für ein soziales Netzwerk von der betroffenen Person oder von Dritten erhält und die sowohl auf als auch außerhalb dieser Plattform erhoben wurden, zeitlich unbegrenzt und ohne Unterscheidung nach ihrer Art für Zwecke der zielgerichteten Werbung aggregiert, analysiert und verarbeitet werden.
Zweitens ist es nach Auffassung des Gerichtshofs nicht ausgeschlossen, dass der Kläger durch seine Aussage bei der fraglichen Podiumsdiskussion seine sexuelle Orientierung offensichtlich öffentlich gemacht hat. Es ist Sache des österreichischen Obersten Gerichtshofs dies zu beurteilen.
Der Umstand, dass eine betroffene Person Daten zu ihrer sexuellen Orientierung offensichtlich öffentlich gemacht hat, führt dazu, dass diese Daten unter Einhaltung der Vorschriften der DSGVO verarbeitet werden können. Dieser Umstand allein berechtigt jedoch nicht, andere personenbezogene Daten zu verarbeiten, die sich auf die sexuelle Orientierung dieser Person beziehen.
Somit gestattet der Umstand, dass sich eine Person bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion zu ihrer sexuellen Orientierung geäußert hat, dem Betreiber einer Online-Plattform für ein soziales Netzwerk nicht, andere Daten über ihre sexuelle Orientierung zu verarbeiten, die er gegebenenfalls außerhalb dieser Plattform von Anwendungen und Websites dritter Partner im Hinblick darauf erhalten hat, sie zu aggregieren und zu analysieren, um dieser Person personalisierte Werbung anzubieten.
Fundstelle: Pressemitteilung Nr. 166/24 des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Oktober 2024 – abrufbar im Internet unter https://curia.europa.eu/jcms/jcms/p1_4585111/de/