Wer durcheine Waschanlage fährt, beschleicht nicht selten die Angst vor Schäden am Auto. Insbesondere Zusatzausstattung wie z. B Heckspoiler bieten eine Fläche für mögliche Schäden. Kann eine Waschanlage die Haftung dafür ausschließen?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil (VII ZR 39/24) entschieden, dass der Betreiber einer Waschanlage für Schäden haftet, die an serienmäßig ausgestatteten Fahrzeugen während des Waschvorgangs entstehen. Selbst allgemeine Haftungsausschlüsse oder Warnhinweise in der Waschanlage können den Betreiber nicht entlasten, wenn das Risiko allein in seinem Verantwortungsbereich liegt.
Schaden an serienmäßiger Ausstattung
Zuvor forderte ein Autobesitzer Schadensersatz in Höhe von 3.219,31 Euro, nachdem der serienmäßige Heckspoiler seines Land Rovers in einer Portalwaschanlage beschädigt wurde. Dies lehnte der Betreiber der Anlage ab und verwies auf seine Schilder, die Haftung für Schäden an „nicht zur Serienausstattung gehörenden Fahrzeugteilen“ ausschließen. Ein zusätzlicher Zettel warnte allgemein vor Schäden an Anbauteilen und Heckspoilern.
Der Kläger argumentierte, dass sein Fahrzeug ordnungsgemäß und serienmäßig ausgestattet war, und verließ sich darauf, dass der Betreiber eine für marktübliche Fahrzeuge geeignete Waschanlage bereitstelle. Während das Amtsgericht dem Kläger Recht gab, wies das Landgericht die Klage in der Berufung ab. Der Kläger legte daraufhin Revision ein.
Pflichten des Waschanlagenbetreibers
Der BGH stellte klar, dass der Betreiber einer Waschanlage verpflichtet ist, Fahrzeuge während des Waschvorgangs vor Schäden zu schützen. Diese Schutzpflicht ergibt sich aus dem Vertrag über die Fahrzeugreinigung. Der Betreiber muss alle Maßnahmen ergreifen, die ein umsichtiger und verständiger Betreiber für notwendig hält, um Schäden zu verhindern.
Das Gericht betonte, dass in Fällen, in denen der Schaden in den Verantwortungsbereich des Betreibers fällt, dieser beweisen muss, dass ihn keine Pflichtverletzung trifft. Die Gefahr eines Schadens an einem serienmäßig ausgestatteten Fahrzeug, wie dem Land Rover des Klägers, fällt in den Risikobereich des Waschanlagenbetreibers. Der Betreiber hätte sicherstellen müssen, dass seine Anlage für solche Fahrzeuge geeignet ist.
Konstruktionsmängel als Hauptursache
Das Gericht stellte fest, dass die Anlage aufgrund ihrer Konstruktion nicht für Fahrzeuge mit serienmäßigem Heckspoiler geeignet war. Dieses Risiko liegt vollständig im Verantwortungsbereich des Betreibers. Der Kläger durfte darauf vertrauen, dass ein serienmäßig ausgestattetes Fahrzeug wie seines die Anlage unbeschadet verlässt.
Unzureichende Warnhinweise
Die in der Anlage angebrachten Schilder und Warnhinweise entlasteten die Beklagte nicht. Das Schild, das sich auf „nicht zur Serienausstattung gehörende Fahrzeugteile“ bezog, war irreführend, da es Vertrauen erweckte, dass serienmäßige Teile wie der Heckspoiler nicht betroffen seien. Auch der zusätzliche Zettel mit der allgemeinen Warnung vor Schäden an Heckspoilern war unzureichend, da er keinen klaren Bezug zu serienmäßigen Fahrzeugteilen herstellte.
Fehlende Vorsorge durch den Betreiber
Die Beklagte konnte nicht darlegen, dass sie sich hinreichend über mögliche Risiken ihrer Anlage informiert oder Maßnahmen zur Risikominimierung ergriffen hatte. Der Vortrag, dass bisher keine vergleichbaren Vorfälle bekannt gewesen seien, reichte dem Gericht nicht aus, um die Haftung auszuschließen.
Entscheidung und Folgen
Der BGH stellte das Urteil des Amtsgerichts wieder her und sprach dem Kläger den geltend gemachten Schadensersatz in voller Höhe zu. Das Urteil betont, dass Betreiber von Waschanlagen eine umfassende Pflicht zur Risikovorsorge und klaren Information der Nutzer tragen.
Quelle: Bundesgerichtshof vom 21. November 2024 (VII ZR 39/24)